Zimmer frei für Wildbienen & Co.
Sie sind klein, leise und meist unscheinbar, doch ihr Beitrag zum Leben, wie wir es kennen, ist riesig. Wildbienen, Hummeln, Grabwespen und viele andere Insekten gehören zu den sogenannten Hautflüglern, einer der artenreichsten Insektengruppen Mitteleuropas. Als Bestäuber sichern sie nicht nur die Vielfalt der Pflanzen, sondern regulieren auch Schädlinge. Doch viele dieser Arten finden in unseren Städten kaum mehr geeignete Lebensräume. An modernen Fassaden fehlen oft die kleinen Ritzen und Spalten, die früher als Nistplatz dienten. Auch morsche Bäume, abgestorbene Äste oder alte Zaunpfähle sind im Siedlungsraum selten geworden. Der Verlust solcher natürlicher Strukturen trägt dazu bei, dass viele dieser nützlichen Insekten inzwischen auf der Roten Liste stehen.
Eine einfache und wirkungsvolle Maßnahme zum Schutz dieser Tiere sind Nisthilfen für Insekten. Sie können aus natürlichen und sorgfältig ausgewählten Materialien wie Hartholz, mit glatten Bohrlöchern, Röhrchen aus Schilf oder Bambus, gefüllten Lehmziegeln oder lockerem Sand gefertigt werden und bieten eine Vielzahl kleiner Räume für unterschiedliche Arten. Entscheidend ist dabei nicht die Größe, sondern die Qualität und Vielfalt der Nistmöglichkeiten. Jede Art hat eigene Ansprüche an Form und Material. So benötigen Wildbienen spezifische Röhrendurchmesser für die Eiablage, während solitäre Wespen lieber in sandigen Röhren nisten. Ein Beispiel für eine solche Bewohnerin ist die Stahlblaue Mauerbiene (Osmia caerulescens). Sie kommt in strukturreichen Landschaften ebenso vor wie in Städten, sofern sie genügend Blüten und geeignete Röhren zum Nisten findet.
Auf dem Campus der Universität Graz werden solche Insektenhotels gezielt dort aufgestellt, wo sie am meisten nützen. Die Standorte sind sonnig, windgeschützt und in der Nähe von blütenreichen Flächen gelegen. Denn ohne ein ausreichendes Angebot an heimischen Blütenpflanzen, die vom zeitigen Frühjahr bis in den Spätsommer Nahrung bieten, bleibt auch die beste Nisthilfe ungenutzt. Frühblüher spielen dabei eine besonders wichtige Rolle, da viele Wildbienenarten bereits im März aktiv sind. Was auf den ersten Blick wie ein einfacher Holzkasten wirkt, wird so zu einem ganzen Mikroökosystem mit einem wertvollen Beitrag für die biologische Vielfalt.


Zielarten:
Stahlblaue Mauerbiene
Die Stahlblaue Mauerbiene (Osmia caerulescens) kommt an Waldsäumen, in Streuobstwiesen, strukturreichen Kulturlandschaften und in städtischen Umgebungen vor, wenn Nistplätze und Nahrungsangebot vorhanden sind. In Graz ist sie unter anderem aus dem Botanischen Garten bekannt. Als Nistplätze werden lineare Hohlräume mit etwa 4-5 mm Durchmesser benötigt. Sie findet diese zum Beispiel in Totholz, Trockenmauern, Pflanzenstängeln, Löß- und auch Hauswänden. Künstliche Nisthilfen stellen vor allem im urbanen Bereich gute Alternativen für diese Art dar. Sie besiedelt gerne Bambusröhren und Schilf, baut in die Röhren mehrere Brutzellen und verwendet zerkaute Pflanzenteile zum Verschließen der Eingänge. Diese Art ist „polylektisch“, das heißt sie ernährt sich von einem breiten Spektrum an Pollen. Benötigt wird daher ein blütenreiches Nahrungsangebot, wobei Schmetterlings- und Lippenblütler sowie Rauhblattgewächse besonders attratkiv für sie sind. Durch eine korrekte Anlage von Nistplätzen und blütenreichen Wiesenflächen können Wildbienen generell und speziell diese Art gefördert werden. Die Flugzeit ist etwa Mai bis Juli, mit einer zweiten Generation bis in den August.