Alt-Totholzstrukturen und Käferburgen
Totes Holz, lebendige Vielfalt
Ein abgestorbener Baum, ein alter Asthaufen oder ein liegender Stamm: auf den ersten Blick wirken sie leblos. Doch gerade dort beginnt das Leben. Totholzstrukturen gehören zu den artenreichsten Lebensräumen, die wir schaffen können. Besonders in urbanen Grünräumen wie dem Campus der Universität Graz sind sie ein wertvoller Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt.
In der Natur verrottet Totholz langsam, wird von Pilzen zersetzt, von Insekten durchbohrt, von Vögeln bearbeitet und bietet über Jahre hinweg unterschiedlichsten Arten einen Lebensraum. Dadurch entstehen komplexe Nahrungsketten und ökologische Prozesse, die wir Menschen ohne es zu wissen, übersehen würden. In Städten hingegen wird solches Holz oft entfernt. Dabei geht mit dem Totholz auch ein ganzer Mikrokosmos verloren.
Käferburgen und Alt-Totholzstrukturen holen diesen Mikrokosmos zurück. Sie sind künstlich angelegte Totholzbereiche, die gezielt unterschiedliche Arten ansprechen. Sie bestehen meist aus stehenden oder liegenden Baumstämmen, unterschiedlich dickem Totholz und sind an sonnigen, windgeschützten Orten positioniert.
Auf den Grünflächen der Universität Graz werden abgestorbene Stämme gezielt belassen. Auch bereits abgestorbene Bäume, die keine Gefahr darstellen, werden bewusst nicht gefällt. Sie verwandeln sich mit der Zeit in wertvolle Trittsteinbiotope und sind Teil des Grünen Netzwerks der Stadt Graz.
Neben ihrer ökologischen Funktion sind Käferburgen und Totholzbereiche auch spannende Lernorte. Sie machen biologische Vielfalt sichtbar und zeigen, dass Naturschutz nicht immer aufwendig sein muss. Ein alter Baumstamm kann mehr bewirken als viele glauben und öffnet den Blick für die oft übersehene Welt direkt unter unseren Füßen.


Lebendiges Totholz
Der Stamm einer Platane (siehe Querschnitt oben), die bis August 2023 neben der ehemaligen “Vorklinik” in der Harrachgasse stand, bietet weiterhin einer artenreichen Gemeinschaft wertvollen Lebensraum. Pilze, Insekten, Asseln und andere Organismen nutzen den Baum und bauen ihn dabei langsam ab. In Wäldern ist Totholz auch ein wichtiger Wasserspeicher und erhöht deren Widerstandsfähigkeit im Klimawandel.
Für den Bau des voraussichtlich 2030 fertiggestellten Graz Center of Physics Gebäude mussten zwei große Platanen im Zuge der Baustellenfreimachung gefällt werden. Aufgrund ihrer beachtlichen Stammdurchmesser können sie für viele Jahre als stehendes Totholz vielen Arten Nahrung sowie Fortpflanzungs‐ und Ruhestätten bieten. Daher werden sie nun im Bereich des Campus so aufgelegt, dass sie (unter Einhaltung aller erforderlichen Sicherheitsauflagen) als liegende Totbäume fungieren und von Spechten, Fledermäusen, xylobionten Käfern, Wildbienen, solitären Hautflüglern usw. besiedelt werden können.
Zielarten
Totholz ist für viele Tiere und Pilze mehr als nur ein Rückzugsort. Es ist Wohnung, Kinderstube, Speisekammer und Winterquartier zugleich. Auf dem Campus der Universität Graz und in der näheren Umgebung können damit zahlreiche Arten gefördert werden:
- Käfer wie der Rosenkäfer, Bockkäfer oder Prachtkäfer legen ihre Eier in morsches Holz, wo ihre Larven geschützt heranwachsen.
- Wildbienen, darunter auch seltene Arten, nutzen Bohrgänge und Risse im Holz als Nistplätze.
- Fledermäuse und Vögel wie der Specht finden in stehenden Totholzbäumen Unterschlupf und Bruträume.
- Kleinsäuger, Eichhörnchen und viele andere Kleintiere nutzen solche Strukturen als Versteck und für die Nahrungssuche.
- Pilze, Moose, Asseln, Springschwänze, Hundert- und Tausendfüßer tragen zur Zersetzung bei und machen Totholz zu einem dynamischen Lebensraum.

